ALLRIS - Vorlage

Beschlussvorlage - VO/2019/128

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Beratungsfolge

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Sachverhalt

Der Landesrechnungshof hat am 10.10.2017 die Ergebnisse seiner überörtlichen Kommunal­prüfung "Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung (Schulbegleitung)" vorgelegt. Er stellte für den Landkreis Uelzen für die Jahre 2012-2016 beim Jugendhilfeträger eine Steigerung der Kosten von 2725 Prozent und für den Sozialhilfeträger für den gleichen Zeitraum eine Kostensteigerung von 400 Prozent fest. Von ähnlichen Steigerungsraten wird zukünftig ausgegangen. Der Rechnungshof stellte weiter fest, dass die Kommunen "immer wieder in die Situation kommen, auch dann leisten zu müssen, wenn die Schulen nicht bereit oder in der Lage sind, ihre Aufgaben aus eigener Kraft zu erfüllen. Vor diesem Hintergrund sind die Jugend-/Sozialhilfeträger zuneh­mend als Ausfallbürgen gefordert und werden mit deutlich höheren Aufwendungen belastet." (S. 6) Erst wenn "Schule" den eigenen Bildungs- und Erziehungsauftrag umfassend erfüllt, wird die Hilfe "Schulbegleitung" wieder zu einer nachrangig zu gewährenden Einzelfallhilfe." (S. 44) Der Landkreis Uelzen ist von diesen Entwicklungen auf Grund der Auflösung der staatlichen Förderschulen besonders betroffen.

 

Die zunehmende Anzahl von Schulbegleitungen verursacht nicht nur hohe Kosten in der Eingliederungshilfe, sondern stellt auch Schulen vor teils erhebliche Probleme. Dabei scheint die wachsende Zahl von Schulbegleitungen für einzelne Schülerinnen und Schüler in den Klassen- und Gruppenräumen ein effektives – selbstbestimmtes – Lernen, Lehren und Arbeiten zu be-, wenn nicht teilweise zu verhindern. Die berechtigte Sorge vieler Eltern, um das Wohlergehen und die optimale Förderung ihres Kindes führt gelegentlich zu unerwünschten Effekten: Die Schülerinnen und Schüler verlieren an Freiräumen, werden in ihrer Entwicklung eingeengt, erwachsenenzentriertes Arbeiten nimmt zu und die Kinder werden stigmatisiert und ausgegrenzt. Es können unerwünschte Abhängigkeitsverhältnisse entstehen. Die Arbeit der Schulbegleitung obliegt zudem der fachlichen Aufsicht des Arbeitgebers (in der Regel eines freien Trägers), nicht des Trägers der Eingliederungshilfe, der Schule, oder der Lehrkraft. Absprachen zwischen Lehrkraft und Schulbegleitung über erforderliche Unterstützung des Kindes sind fachlich zwar dringend notwendig, durch die Organisationsstruktur aber schwer umsetzbar.

 

Vor diesem Hintergrund hat der Landkreis Uelzen als operatives Ziel 2019 die Entwicklung eines „Modellprojekts Pooling“ formuliert. Mit dem Inkrafttreten des Bundesteilhabegesetzes 2019 ist dies auch rechtlich möglich geworden. Dieses Modell bewegt sich außerhalb des individuellen Sozial- und Kinder- und Jugendhilfeleistungsrechts. Die Erbringung erfolgt im Wege einer öffentlich finanzierten Leistung, die möglichst die Bedarfe der Schüler mit Behinderungen deckt. Finanziert wird ein Infrastrukturangebot, das der Einzelfallhilfe vorgelagert ist. Dies ist im Wege einer Zuwendung oder eines öffentlich-rechtlichen Vertrages nach §§ 53 ff SGB X möglich. Ist der Bedarf durch diese infrastrukturellen Maßnahmen ausreichend und in zumutbarer Weise gedeckt, besteht für den Schüler kein weitergehender Anspruch auf Eingliederungshilfe. Soweit ein individueller Bedarf durch das Poolmodell im Einzelfall nicht gedeckt wird, besteht weiterhin ein ergänzender Anspruch des Leistungsberechtigten auf Eingliederungshilfe. Dies kann z.B. bei medizinischem Pflegebedarf eines Kindes der Fall sein.

 

Nach Austausch mit anderen Sozial- und Jugendhilfeträgern in Niedersachsen und dem Niedersächischen Landkreistag und der Landesschulbehörde wurde ein Modellprojekt in enger Zusammenarbeit mit einer Schule, in der besonders viele Schulbegleitungen eingesetzt sind, erarbeitet. Weitere Voraussetzung war das Vorliegen eines inklusiven pädagogischen Unterrichtskonzepts. Dabei fand ein enger Austausch mit der Schule sowie der Landesschulbehörde statt.

 

In der Oberschule Ebstorf fielen 2018 294.121,68 Euro für Schulbegleitungen für Kinder mit (drohenden) geistigen, körperlichen und/oder seelischen Behinderungen an. Die Kosten pro Kind und Schulbegleitung betragen im Durchschnitt etwa 2500 Euro pro Schulbegleiter im Monat. In der Regel sind in den Jahrgangsstufen 5-7 verstärkt Schulbegleitungen eingesetzt. In den höheren Jahrgangsstufen (ab 8 Klasse) ist mit einer Reduzierung zu rechnen. Aktuell sind Schulbegleitungen, die bei vier unterschiedlichen Trägern beschäftigt sind, in der Schule tätig. Für das Schuljahr 2019/2020 sind in der Jahrgangsstufe 5 bisher acht Schulbegleitungen bewilligt. Von einem weiteren Aufwuchs in den nächsten Jahren ist bei einer Betrachtung der Zeitreihe auszugehen. Das Projekt soll zum Schuljahr 2020/2021 starten. Es ist also von Kosten für Schulbegleitungen nur in der Jahrgangsstufe 5 von mindestens 240.000 Euro auszugehen.

 

Im Modellprojekt sollen zunächst in der Jahrgangsstufe 5. fünf Schulbegleitungen eingesetzt werden. Es entfällt dabei eine Schulbegleitung auf jede Klasse, eine weitere ist für den Urlaubs- und Vertretungsfall eingeplant. Die Schulbegleitungen verstärken die multidisziplinären Teams der Schule. Durch die Einstellung der Schulbegleitungen durch den Landkreis Uelzen werden fachliche Absprachen zwischen Lehrkräften und Schulbegleitungen vereinfacht. Eine Umfrage bei anderen Landkreisen hat ergeben, dass der Landkreis Osterholz ein ähnliches Modell entwickelt hat. Es ist von Kosten 40.000 Euro VK (Arbeitgeberkosten gemäß KGST) pro Schulbegleitung auszugehen. Wenn man von einem Beschäftigungsumfang von 30 Stunden pro Schulbegleiter (Schulsekretärinnenmodell) ausgeht, fallen damit Kosten von 30.769 Euro pro Schulbegleiter, also 153.845 Euro für die Jahrgangsstufe 5 der Oberschule Ebstorf an.  Das Modellprojekt ist damit wirtschaftlicher als die Einzelfallhilfe. Das Modellprojekt soll fortwährend evaluiert werden. Es ist zunächst über drei Jahre angelegt und sieht vor, dass jeweils fünf Schulbegleitungen in den Jahrgangsstufen 5.-7.

 

 

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Beschlussvorschlag

Der Jugendhilfeausschuss und der Sozialausschuss empfehlen dem Kreisausschuss zu beschließen, das Modellprojekt „Pooling Schulbegleitungen“ zum Schuljahr 2020/2021 mit der Oberschule Ebstorf zu beginnen. Dazu sind zunächst fünf Schulbegleitungen einzustellen. Das Projekt wird fortwährend evaluiert

 

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