ALLRIS - Vorlage

Mitteilungsvorlage - VO/2019/143-2

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Beratungsfolge

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Sachverhalt

Im Grundwasserkörper Ilmenau links wurde an 3 Messstellen hohe Nitratkonzentrationen mit steigendem Trend festgestellt was zur Einstufung des Grundwasserkörpers als nitratsensibles Gebiet („rote Flächen“) geführt hat. 2 der 3 Messstellen befinden sich auf dem Gebiet des Landkreises Uelzen.

 

Zur Messstelle Wulfsode:

An der Messstelle Wulfsode wurden sehr hohe Konzentrationen von Nitrat im Grundwasser mit steigendem Trend festgestellt. Während im unbeeinflussten oberflächennahen Grundwasser ein Nitratgehalt von 10 mg/l zu erwarten ist und die Wasserrahmen-Richtlinie als Qualitätsnorm max. 50 mg/l festlegt, sind an der Messstelle Wulfsode die Nitratgehalte von 97,4 mg/l im Jahr 2008 auf 118 mg/l im Jahr 2017 gestiegen (Anlage 1).

In der Messstelle wird der oberste Grundwasserleiter und hier die Grundwasseroberfläche in einer Tiefe von 19 bis 17 m unter Gelände beprobt. Der Grundwasserleiter ist mit durchlässigen Sanden ohne bindige Schichten überdeckt. Der Sickerweg von der Geländeoberfläche ist relativ kurz, das Wasser erreicht innerhalb weniger Jahre das oberflächennahe Grundwasser.

Die Messstelle Wulfsode befindet sich im Grundwasserkörper Ilmenau links, das Grundwasser fließt hier von Südwest nach Nordost Richtung Ilmenau.

Der Truppenübungsplatz Munster befindet sich nur zu einem sehr kleinen Teil am Rand der Übungsplatzfläche im Grundwasserkörper Ilmenau links, der weitaus größere Teil des Truppenübungsplatzes liegt bereits im Grundwasserkörper Örtze jenseits der großen Wasserscheide zwischen dem Elbe- und dem Wesereinzugsgebiet. Hier strömt das Grundwasser von Ost nach West. Die Messstelle Wulfsode liegt nordöstlich des Truppenübungsplatzes, das Grundwasser unter dem größten Teil des Übungsplatzes fließt in die entgegengesetzte Richtung (Anlage 2). Bekannte Grundwasserverunreinigungen durch Sprengstoffe befinden sich außerhalb des Landkreises Uelzen im Einzugsgebiet der Örtze und fließen daher nicht Richtung Wulfsode. Eine Beeinflussung mit nitrathaltigem Grundwasser aus dem Gebiet des Übungsplatzes erscheint daher unwahrscheinlich, ist aber nicht ausgeschlossen..

Im Einzugsgebiet der Messstelle befinden sich neben Waldflächen auch große landwirtschaftlich genutzte Flächen (Anlage 3). Es ist jedoch nicht gesichert, dass die Nitratbelastung auf eine landwirtschaftliche Nutzung zurückgehen könnte, die sich erst verzögert bemerkbar macht.

 

Zur GW Messstelle Reinstorf:

Die Grundwassermessstelle Reinstorf liegt ca. 2 km südlich von der ehemaligen Munitionsanstalt in Bodenteich entfernt (Anlage 4). Aus dem Kartenserver des LBEG (Landesamt für Bergbau Energie und Geologie) ist zu entnehmen, dass die Grundwasserfließrichtung von West nach Ost verläuft (Anlage 5), so dass ein evtl. Einfluss aus dem Bereich der Munitionsanstalt auf die Grundwassermessstelle ausgeschlossen werden kann. Hinzu kommt, dass sich die Messstelle Reinstorf und die ehemalige Munitionsaufbereitungsanlage Bodenteich in nahezu gleicher geodätischer Höhenlage befinden und auch die Höhe des Grundwasserspiegels lt. Kartenserver des LBEG an beiden Orten nahezu gleich hoch liegt.

 

Die in der Messstelle Reinstorf gemessenen unterschiedlich hohen Nitratwerte von bis zu 106 mg/l in der oberflächennah verfilterten Messstelle (Anlage 6) und 0,22 mg/l in den tief verfilterten Messstellen (Anlage 7 und 8) können plausibel sein. Die Grundwassermessstelle Reinstorf liegt in einem landwirtschaftlich genutzten Bereich und außerhalb von Wasserschutzgebieten. Je nach Untergrundverhältnissen dauert eine Tiefenverlagerung der Nitratbelastung über mehrere Jahrzehnte an. Im Untergrund findet zudem durch Denitrifizierung ein Abbau von Nitrat statt, weshalb die in der oberflächennah verfilterten Messstelle gemessenen Nitratwerte in den tief verfilterten Messstellen nicht festzustellen sind. Dieser Nitratabbau ist jedoch endlich, so dass bei unvermindertem Nitrateintrag zukünftig auch mit einer Belastung der tiefer liegenden Grundwasserbereiche gerechnet werden kann.

 

Im Ergebnis macht aber auch bzgl. der Messstelle Reinstorf die Hinzuziehung des Gewässerkundlichen Landesdienstes zur weitergehenden Beurteilung der hydrogeologischen Gegebenheiten Sinn.

 

Mit Beschluss des Kreisausschusses vom 10.12.2019 wurde die Verwaltung beauftragt, beim Gewässerkundlichen Landesdienst eine Überprüfung der Messstellen zu beantragen. Nunmehr hat der Gewässerkundliche Landesdienst folgende Stellungnahme zu den beiden Messstellen im Landkreis Uelzen abgegeben:

 

„Allgemeine Vorbemerkungen

 

Für eine Interpretation von Messergebnissen sind vielfältige Informationen erforderlich. Eigenschaften der Messstellen, der Geologie, der betrachteten Stoffe (Herkunft, Abbau, Verlagerung, …), usw. sind hier einzubeziehen. Hieraus leitet sich ein Systemverständnis ab, das eine fachlich fundierte Einordnung von Messwerten ermöglicht. Dieses Verständnis ist für Nitrat sehr gut entwickelt. Insbesondere über die seit mehr als 25 Jahren stattfindenden Aktivitäten in Trinkwassergewinnungsgebieten konnte die Kausalkette beim Nitrat von der Emission, über Boden und Dränzone bis zum Grundwasser lückenlos beschrieben werden. Tendenziell sind unter niedersächsischen Geestböden mit Ackernutzung Nitratgehalte im Sickerwasser zwischen 50 und 150 mg/l zu erwarten und dies auch, wenn die Einhaltung der guten fachlichen Praxis in der Ackernutzung unterstellt wird. Trifft Sickerwasser auf die Grundwasseroberfläche, so sind hier grundsätzlich Nitratgehalte in einer ähnlichen Dimension zu erwarten, solange das Geschehen nicht durch eine endliche Denitrifikation im Grundwasserleiter überprägt wird.

 

Nur wenige Messstellen im Dienstgebiet des NLWKN Lüneburg zeigen kurzfristig einen bestehenden Belastungsdruck durch Nitrat an. Wesentliche Ursachen hierfür sind: 

  • Lage in Niederungsgebieten mit stau- oder grundwassergeprägten Böden, die regelmäßig durch einen nicht limitierten Nitratabbau (organotrophe Denitrifikation) gekennzeichnet sind. Diese Standorte besitzen einen natürlichen und andauernden Schutz vor Nitrateinträgen in das Grundwasser, allerdings findet dort kaum eine Grundwasserneubildung statt. Die Niederschläge entwässern größtenteils oberflächig oder oberflächennah direkt in Vorfluter.
  • Großer Grundwasserflurabstand des oberen Hauptaquifers mit der Folge eines großen Zeitverzuges zwischen Nitrataustrag aus dem Boden und Eintrag in das Grundwasser.
  • Verfilterung der Messstelle in tieferen Aquiferen mit der Folge eines sehr großen Zeitverzuges zwischen Nitrataustrag aus dem Boden und Eintrag in das Grundwasser dieser Tiefenlage.
  • Wasserhemmende Schichten, ebenfalls mit der Folge eines großen Zeitverzuges zwischen Nitrataustrag aus dem Boden und Eintrag in das Grundwasser.
  • Lage des Filters der Messstelle deutlich unterhalb der Grundwasseroberfläche, dadurch Zeitverzug zwischen Auftreffen von nitratbelastetem Sickerwasser auf die Grundwasseroberfläche und Ankommen im Bereich des Filters, verstärkt durch Vermischung von belastetem mit unbelastetem Wasser.
  • Lage des Filters der Messstelle deutlich unterhalb der Grundwasseroberfläche, wodurch eine ausreichende Reaktionszeit für einen hier regional verbreitet endlich stattfindenden Nitratabbau (chemo-lithotrophe Denitrifikation) vorliegt.
  • Geringe Sauerstoffgehalte im Grundwasserleiter als Voraussetzung für eine stattfindende Denitrifikation.

 

Die Denitrifikation im Grundwasserleiter ist die Ursache dafür, dass in tieferen Lagen des oberen Grundwasserleiters bzw. in tieferen Grundwasserleitern derzeit in der Regel kein Nitrat detektiert wird. Dieser Nitratabbau ist endlich und puffert einen Nitrat-Belastungsdruck über einen mehr oder weniger langen Zeitraum ab. Ist allerdings das Nitratabbaupotenzial aufgebraucht, kommt es zum sog. Nitratdurchbruch mit rasch ansteigenden Nitratwerten. Da der Schutz des Grundwassers auch nachfolgende Generationen betrifft sollte der Nitratpuffer möglichst wenig beansprucht werden. Um dies beurteilen zu können sind Daten der Emission, der Sickerwasserqualität und der Qualität des Grundwassers im Bereich der Grundwasseroberfläche geeignete Indikatoren. Tiefliegende Messstellen, Brunnen der Wasserversorger oder auch Beregnungsbrunnen sind in der Regel nicht geeignet, die Problemlage zu beschreiben.

 

Niedrige Nitratgehalte in vielen Messstellen lassen nicht darauf schließen, dass kein Belastungsdruck aus diffusen Quellen durch Nitrat besteht. Dagegen haben die Nitratwerte, wie sie in den Messstellen Reinstorf und Wulfsode gefunden werden eine Größenordnung, die aus der diffusen Belastung aus Ackernutzung erklärbar und plausibel sind.

 

Dieses vorausgeschickt nehme ich zu den Messstellen Reinstorf und Wulfsode wie folgt Stellung:

 

  • Die Messstellen Reinstorf und Wulfsode sind geeignet, eine bestehende Nitratbelastung über die bekannten Kausalbeziehungen anzuzeigen:

-  Die Grundwasserflurabstände sind relativ gering (6 m bzw. 17 m)

-  die Filterlagen befinden sich alle in einem Bereich kleiner 5 m unter Grundwasseroberfläche (4,3 m bzw. 0,4 m)

-  Die Messstellen sind im oberen Grundwasserleiter verfiltert.

-  Sie sind in einem funktionstüchtigen Zustand, eine Kamerabefahrung und eine Funktionsprüfung vom November 2017 hat keine Beanstandungen ergeben.

-  Die Messungen werden durch das Labor des NLWKN in Lüneburg durchgeführt, wobei Probenahme und Analytik akkreditiert sind.

-  Über den Zeitablauf schwanken die Nitratwerte, bleiben aber je Messstelle in einem plausiblen Korridor ohne Ausreißer.

 

  • Die Flächennutzung im Anstrombereich der Messstellen ist überwiegend ackerbaulich geprägt (s. Anlagen 10 und 11) in den Übersichten (s. Anlage 12 und 13) deuten kleine blaue Pfeile die Grundwasserfließrichtung an). Kleinere Waldanteile, die sich in Wulfsode im Anstrombereich befinden könnten, führen nicht zu deutlichen Veränderungen der Grundwasserbelastung, da die Grundwasserneubildung im Wald unter hiesigen Verhältnissen gegenüber Ackerflächen deutlich abfällt.

 

  • Punktquellen im Anstrombereich sind nicht bekannt. Eine ehemalige Silierplatte aus den 60er oder 70er-Jahren ist als Quelle der Nitrateinträge in Wulfsode wenig plausibel: es sind seitdem fast 50 Jahre vergangen, die Lage der Platte wurde nicht im Anstrombereich genannt und die lokalen Verhältnisse legen auch nicht nahe, dass sich dort (im Anstrombereich) eine Siloplatte befunden haben könnte, Sickersäfte werden in der Regel größtenteils im Boden abgebaut, bzw. sind eher wegen der enormen Nährstoffkonzentration bei direktem Eintrag in Oberflächengewässer problematisch.

 

  • Die Plausibilität der Messwerte als Ausdruck einer diffusen Belastung wird durch die Ergebnisse des Basis-Emissions-Monitoring gestützt (s. Anlagen 14 und 15). Für den Standort in Wulfsode wurde in wesentlichen Teilen des Anstrombereichs eine potentielle Sickerwasserbelastung von 100 bis 150 mg Nitrat/l abgeleitet, in Reinstorf sogar > 150 mg/l. Diese Größenordnungen, also deutlich größer 50 mg/l, deckt sich mit Untersuchungen in Trinkwassergewinnungsgebieten der Region, in denen bei intensiver Umsetzung von Wasserschutzmaßnahmen auf einzelnen Ackerflächen Sickerwasserkonzentrationen von 70 bis 80 mg/l nicht unterschritten wurden (Nitrattiefenprofile auf Flächen der Arbeitskreise Fruchtfolge in Trinkwassergewinnungsgebieten).

 

  • 500 m in südlicher Richtung der Messstelle Reinstorf (UE) G1 befindet sich die Standsmessstelle Reinstorf (UE). Im Oktober 2019 wurde dort eine Güteprobe entnommen, die mit 106 mg Nitrat/l die Werte aus Reinstorf (UE) G1 bestätigt. Auch diese Messstelle ist im Anstrombereich eindeutig durch Ackernutzung geprägt. Für Reinstorf (UE) G1 ist damit eine Punktbelastung als Nitratquelle sehr unwahrscheinlich.

 

  • Im Anstrombereich der beiden Messstellen wurden in 2019 Nitrattiefenprofile erstellt. Im Bereich der Dränzone, also unterhalb der Bodenschichten, die durch Pflanzenwurzeln erreicht werden und oberhalb der Grundwasseroberfläche, wurden in Reinstorf Nitratwerte von durchschnittlich 186 mg/l gefunden, die auf die Grundwasseroberfläche treffen. In Wulfsode beträgt dieser Wert im unteren Bereich der Dränzone 96 mg/l. Diese Werte repräsentieren die Auswirkung der Flächennutzung der letzten 3 bis 6 Jahre. Die Dimension der Ergebnisse der Nitrattiefenuntersuchung korrespondiert sehr gut mit den Nitratgehalten in den Messstellen und zeigt, dass sich die Nitratwerte durch die diffuse Belastung aus der Fläche plausibel erklären lassen. Nach dem Systemverständnis stellen sich also erwartete Werte ein. Die Auswirkung von Punktbelastungen würden sich auf die erkennbare Belastung aus diffusen Quellen aufaddieren.

 

Zusammenfassende Feststellungen

  • Die Messstellen Reinstorf (UE) G1 und Wulfsode G sind voll funktionsfähig und liefern reproduzierbare Daten.
  • Punktquellen als Ursache der vorliegenden Nitratbelastung sind eher unwahrscheinlich.
  • Die Nitrateinträge der im Anstrom an die Messstellen befindlichen Ackerflächen erklären plausibel die Nitratmesswerte in den Messstellen.“

 

 

 

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