Zur Vermeidung der Einschleppung oder Verschleppung der Geflügelpest durch Wildvögel ordne ich Folgendes an:
1. Sämtliche Tierhalter, die mehr als 50 Stück Geflügel halten, haben ihre Tiere (Hühner, Truthühner, Perlhühner, Rebhühner, Fasane, Laufvögel, Wachteln, Enten und Gänse) ab sofort, spätestens ab dem 03.11.2025 ausschließlich
a. in geschlossenen Ställen oder
b. unter einer Vorrichtung, die aus einer überstehenden, nach oben gegen Einträge gesicherten dichten Abdeckung bestehen und mit einer gegen das Eindringen von Wildvögeln gesicherten Seitenbegrenzung versehen sein muss (Schutzvorrichtung), zu halten.
2. Die sofortige Vollziehung dieser Maßnahme ordne ich im öffentlichen Interesse an.
3. Mögliche Ausnahmegenehmigungen sind mit Begründung schriftlich beim Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt zu beantragen.
4. Diese Allgemeinverfügung tritt am Tage nach der Veröffentlichung in Kraft und gilt so lange, bis ich sie wieder aufhebe.
Begründung:
Diese Verfügung basiert auf Artikel 70 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 55 Abs. 1 d) der Verordnung (EU) 2016/429 sowie § 13 Abs. 1 Geflügelpest-Verordnung und einer Risikobewertung nach Maßgabe des § 13 Abs. 2 Geflügelpest-Verordnung.
Gemäß Artikel 70 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 55 Abs. 1 d) der Verordnung (EU) 2016/429 ergreift die zuständige Behörde bei Verdacht des Auftretens von u. a. hoch pathogener Aviärer Influenza (Geflügelpest- AI) bei Wildvögeln die erforderlichen Seuchenpräventions- und -bekämpfungsmaßnehmen, um eine Ausbreitung des Virus auf gehaltene Vögel und Geflügel zu verhindern.
Als eine Seuchenpräventionsmaßnahme ist gemäß Art. 55 Abs. 1 d) der Verordnung (EU) 2016/429 die Isolierung von gehaltenen Tieren der für die Geflügelpest empfänglichen Arten anzuordnen, wenn dadurch der Kontakt zwischen Wildvögeln und gehaltenen Vögeln und Geflügel und damit eine Ausbreitung in den Haustierbestand vermieden wird.
Als einzig wirksame „Isolierungsmaßnahme“ im Sinne des. Art. 55 Abs. 1 d der Verordnung (EU) 2016/429 ist die Anordnung der Aufstallung von gehaltenen Vögeln und Geflügel gemäß § 13 Abs. 1 S. 1 der Verordnung zum Schutz gegen die Geflügelpest (Geflügelpest-Verordnung) anzusehen. § 13 Abs. 1. S. 1 Geflügelpestverordnung konkretisiert dahingehend die Seuchenpräventionsmaßnahme „Isolierung“ mit dem Ziel, Kontakt von Wildvögeln zu gehaltenen Vögeln und Geflügel zu verhindern.
Grundlage zur Anordnung der Aufstallung gem. § 13 Abs. 1 Satz 1 Geflügelpestverordnung ist die Durchführung einer Risikobeurteilung, in der u. a. die örtlichen Gegebenheiten, das sonstige Vorkommen oder Verhalten von Wildvögeln, die Geflügeldichte, der Verdacht oder Ausbruch auf Geflügelpest im eigenen oder angrenzenden Kreis, weitere Tatsachen zur Abschätzung der Gefährdungslage sowie die Risikobewertung des Friedrich-Loeffler-Instituts berücksichtigt werden sollen.
Am 26.10.2025 ist in Bad Bevensen bei einem Kranich der klinische Verdacht der hochpathogenen Aviären Influenza (HPAI) amtlich festgestellt worden. Ein tot aufgefundener Fasan in Bienenbüttel befindet sich ebenfalls in Verdachtsabklärung. Am 27.10.2025 wurde ein zweiter Kranich tot in Altenmedingen aufgefunden und zur Untersuchung eingeschickt. In allen angrenzenden Nachbarlandkreisen wurde der amtliche Verdacht der HPAI bei Wildvögeln (insbesondere Kranichen) gemeldet und teilweise amtlich bestätigt.
Zwischen September und dem 20. Oktober 2025 wurden in Deutschland mehrere Ausbrüche des hochpathogenen Aviären Influenzavirus (HPAIV) vom Subtyp H5 bei Geflügel festgestellt. Das Risiko einer Ausbreitung des Virus bei Wildvögeln sowie einer Übertragung auf Geflügel und gehaltene Vögel in Deutschland wird durch das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) mit Risikoeinschätzung vom 20.10.2025 als hoch eingestuft.
Seit Oktober 2025 häufen sich die Meldungen über HPAIV H5-Fälle bei Wildvögeln in Deutschland. Funde von verendeten Wildvögeln lassen eine weite Verbreitung vermuten.
Insbesondere Kraniche scheinen besonders empfänglich für das Virus zu sein. Experten des FLI gehen von einer hohen Viruslast in der Umwelt bei einer geringen Infektionsdosis aus. Auffällig sind auch Enten, die häufig keine klinischen Erscheinungen zeigen und somit unentdeckt für eine weitere Virusverbreitung sorgen können. Bei den bisherigen Ausbrüchen mit dem HPAI H5N1-Virus in Geflügelhaltungen ist davon auszugehen, dass das Virus durch Wildvögel eingetragen wurde.
Eine Weiterverbreitung von Mensch zu Mensch wurde bisher nicht beobachtet. Infektionen des Menschen sind jedoch nicht prinzipiell auszuschließen. Insbesondere bei einer Exposition gegenüber hohen Viruslasten, wie sie in betroffenen Geflügelhaltungen zu erwarten sind, ergeben sich Infektionsrisiken der dort tätigen Personen.
Der Wasservogelzug ist noch nicht gänzlich abgeschlossen und die nordischen/arktischen Vögel aus Skandinavien und dem Baltikum sind eingetroffen und können zur Verbreitung der zirkulierenden Viren beitragen. Hinzu kommen kühlere Temperaturen und schwächere UV-Strahlung, die ein Überdauern von HPAI-Viren in der Umwelt begünstigen.
Daher wird das Risiko der Weiterverbreitung in Europa und Deutschland in Wasservogelpopulationen und damit auch in Geflügelhaltungen innerhalb Deutschlands als hoch eingestuft.
Einflussnahmen auf den Verlauf und die Ausbreitung von HPAIV-Infektionen in Wildvogelpopulationen sind nicht möglich. Daher hat oberste Priorität weiterhin der Schutz des Geflügels vor einem Eintrag und der möglichen weiteren Verbreitung von HPAIV-Infektionen.
Maßnahmen zum Schutz vor biologischen Gefahren gehören zu den wichtigsten Präventionsinstrumenten, die zur Verhinderung der Einschleppung, Entwicklung und Ausbreitung von Tierseuchen in einer Tierpopulation zur Verfügung stehen.
Nach Erwägungsgrund 43 zur Verordnung (EU) 2016/429 haben die Mitgliedstaaten die Befugnis, die Prävention von Seuchen durch höhere Normen für den Schutz vor biologischen Gefahren zu unterstützen, indem sie eigene Leitfäden für bewährte Verfahren ausarbeiten.
Die Bundesrepublik Deutschland hat von dieser Möglichkeit durch Vorschriften innerhalb der Geflügelpest -Verordnung Gebrauch gemacht.
Gemäß § 13 Absatz 1 Satz 1 Geflügelpest-Verordnung ordnet die zuständige Behörde eine Aufstallung des Geflügels an, soweit dies auf der Grundlage einer Risikobewertung zur Vermeidung der Einschleppung oder Verschleppung der Geflügelpest durch Wildvögel erforderlich ist.
Unter Berücksichtigung dieser Risikofaktoren wird das Risiko der Einschleppung der HPAI in die größeren Geflügelbestände (mit mehr als 50 Stück Geflügel) im Landkreis Uelzen, insbesondere bei Freilandhaltung, als hoch eingestuft.
Kleinstbestände (bis 50 Stück Geflügel) haben sich in der Vergangenheit epidemiologisch als wenig am Seuchengeschehen beteiligt erwiesen. Das Eintragsrisiko ist wegen deutlich kleinerer Auslaufgröße, geringen Tierzahlen und wenig bis meist kein Kontakt zu anderen Geflügelbestanden durch Tierverkehr, Gerätschaften und Personen geringer zu bewerten als das der größeren Tierhaltungen.
Die Risikobewertung wird einer laufenden Beurteilung unterzogen, auf deren Grundlage die Infektionsgefahr durch das HPAIV bewertet wird.
Die Bewertung, in der u. a. die örtlichen Gegebenheiten, das sonstige Vorkommen oder Verhalten von Wildvögeln, die Geflügeldichte, der Verdacht oder Ausbruch auf Geflügelpest im eigenen oder angrenzenden Kreis, weitere Tatsachen zur Abschätzung der Gefährdungslage sowie die jeweils aktuelle Risikobewertung des FLI mitberücksichtigt werden, ist Basis für die Dauer der Anordnung.
Der Risikobewertung des Landkreises Uelzen wurde dabei zugrunde gelegt, dass der Landkreis Uelzen Wildvogeldurchzugsgebiet (und Brutgebiet) für wildlebende Wasservögel ist. Außerdem wurde berücksichtigt, dass im Landkreis Uelzen mehrere Flüsse, Seen und Feuchtgebiete vorhanden sind, an denen die Wildvögel rasten.
Weiterhin wurde die Risikoeinschätzung des FLI vom 20.10.2025 berücksichtigt.
Bei der hochpathogenen Aviären Influenza handelt es sich um eine hochansteckende, anzeigepflichtige Viruserkrankung beim Geflügel, deren Ausbruch immense wirtschaftliche Folgen für alle Geflügelhalter, Schlachtstätten und verarbeitende Industrien haben kann.
Im Landkreis Uelzen werden zurzeit ca. 585.000 Stück Geflügel gehalten. Die Aufstallungsanordnung für Geflügelhalter mit mehr als 50 Stück Geflügel wurde unter Berücksichtigung des mir eingeräumten Ermessens sowie des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Rahmen der geltenden Rechtsvorschriften getroffen. Die Aufstallung von Geflügel ist begründet durch den hohen finanziellen Schaden im Falle eines Ausbruchs in wirtschaftlichen Betrieben. Andere - ggf. mildere - Möglichkeiten, die Tierseuche schnell und wirksam einzudämmen, sind nicht ersichtlich.
Im Tiergesundheitsrecht AHL existieren keine Vorschriften hinsichtlich der Aufstallung von Geflügel. Aufgrund des Erwägungsgrunds 43 zu VO (EU) 2016/429 kann ich die genannten Maßnahmen insofern nach den Bestimmungen der Geflügelpest-Verordnung anordnen.
Durch die Aufstallung von Geflügel in größeren Betrieben (mit mehr als 50 Stück Geflügel) werden 98% des im Landkreis Uelzen gehaltenen Geflügels eingestallt. Das Risiko eines Seucheneintrags wird hierdurch sehr deutlich gesenkt.
Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung:
Gemäß § 80 Absatz 2 Satz 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung wurde die sofortige Vollziehung der Maßnahme angeordnet. Eine Klage gegen diese Allgemeinverfügung hätte in diesem Fall keine aufschiebende Wirkung. Ein besonderes öffentliches Interesse ist hier gegeben, weil durch die Ausbreitung der Aviären Influenza unter anderem die Gefahr von gesundheitlichen wie auch von wirtschaftlichen Folgen erheblich wäre und deshalb sofort zu unterbinden war.
Der Schutz hoher Rechtsgüter erfordert ein Zurückstehen der Individualinteressen etwaiger Geflügelhalter am Eintritt der aufschiebenden Wirkung infolge eines eingelegten Rechtsbehelfs. Das öffentliche Interesse an umgehenden Bekämpfungsmaßnahmen zum Schutz gegen eine Weiterverbreitung der Seuche überwiegt.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage beim Verwaltungsgericht Lüneburg, Adolph-Kolping-Straße 16, 21337 Lüneburg, erhoben werden. Die Klage ist gegen den Landkreis Uelzen zu richten.
Gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung können Sie einen Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung beim Verwaltungsgericht Lüneburg, Adolph-Kolping-Str. 16, 21337 Lüneburg, stellen.
Hinweise:
Alle Geflügelhalter werden dringend aufgefordert, die Biosicherheitsmaßnahmen strikt einzuhalten, da derzeit viele Ausbrüche in Stallhaltungen erfolgen. Eine Optimierung der Biosicherheit senkt das Risiko eines Eintrages deutlich. Kleinsthaltungen (unter 50 Stück Geflügel) werden dringend gebeten, ebenfalls ihr Geflügel aufzustallen.
Das FLI stellt im Internet ein „Merkblatt Schutzmaßnahmen gegen die Geflügelpest in Kleinhaltungen“ zur Verfügung.
Bei einer sich verschärfenden Gesamtlage können weitergehende Maßnahmen per Allgemeinverfügung angeordnet werden.
Gemäß § 13 Abs. 3 der Geflügelpest-Verordnung kann ich in Einzelfällen Ausnahmen von der Aufstallungsanordnung genehmigen. Der Antrag ist an den Landkreis Uelzen, Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt, Albrecht-Thaer-Str. 101, 29525 Uelzen, zu richten.
Hinweise zu Ordnungswidrigkeiten:
Ordnungswidrig handelt derjenige Geflügelhalter, der gegen die Aufstallungsanordnung dieser Allgemeinverfügung verstößt. Der Verstoß kann gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 4 Buchstabe a des Tiergesundheitsgesetzes i. V. m. § 64 Nr. 14 Buchstabe b Geflügelpest-Verordnung als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld geahndet werden. Das Bußgeld kann je nach Schwere des Verstoßes bis zu 30.000 Euro betragen.
Uelzen, den 29.10.2025
gez. Dr. Björn Hoppenstedt
Erster Kreisrat
Rechtsgrundlagen:
- Tiergesundheitsgesetz (TierGesG)
- Verordnung (EU) 2016/429 zu Tierseuchen und zur Änderung und Aufhebung einiger Rechtsakte im Bereich der Tiergesundheit (Verordnung (EU) Nr. 2016/429)
- Verordnung zum Schutz gegen die Geflügelpest (Geflügelpest-Verordnung)
- Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)
- Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)
in der jeweils geltenden Fassung.