Bekanntmachungen

Allgemeinverfügung des Landkreises Uelzen: Zulassung einer Ausnahme zum Betrieb von Müllfahrzeugen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers

Gemäß § 7 Abs. 2 S. 4 der 32. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung - 32. BImSchV ) wird folgende Allgemeinverfügung erlassen:

1.    Dem Abfallwirtschaftsbetrieb Landkreis Uelzen in seiner Funktion als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger ist es fortan gestattet, Müllsammelfahrzeuge abweichend von § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 32. BImSchV werktags bereits ab 06.00 Uhr zu betreiben, wenn die voraussichtliche Tageshöchsttemperatur mindestens achtundzwanzig Grad Celsius beträgt. Die Wettervorhersage muss aktuell sein, d.h. sie darf längstens vom Donnerstag der Vorwoche stammen. Sie ist vom Abfallwirtschaftsbetrieb Landkreis Uelzen unter Angabe der Quelle zu dokumentieren und der unteren Abfallbehörde auf Verlangen vorzulegen.
2.    Diese Allgemeinverfügung gilt am Tag nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekanntgegeben.

Begründung
Rechtsgrundlage für die Entscheidung ist § 7 Abs. 2 S. 4 32. BImSchV. Demnach können von Amts wegen im Einzelfall Ausnahmen von den Einschränkungen des Abs. 1 zugelassen werden, wenn der Betrieb der Geräte und Maschinen nach dem Anhang zur Abwendung einer Gefahr für die Allgemeinheit oder im sonstigen öffentlichen Interesse erforderlich ist.

Gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 32. BImSchV dürfen in reinen, allgemeinen und besonderen Wohngebieten, Kleinsiedlungsgebieten, Sondergebieten, die der Erholung dienen, Kur- und Klinikgebieten und Gebieten für die Fremdenbeherbergung nach den §§ 2, 3, 4, 4a, 10 und 11 Abs. 2 der Baunutzungsverordnung (BauNVO ) sowie auf dem Gelände von Krankenhäusern und Pflegeanstalten im Freien Geräte und Maschinen nach dem Anhang an Sonn- und Feiertagen ganztägig sowie an Werktagen in der Zeit von 20.00 Uhr bis 07.00 Uhr nicht betrieben werden.
Müllsammelfahrzeuge stellen Geräte / Maschinen i.S.d. § 7 32. BImSchV dar, denn Sie fallen unter die lfd. Nr. 47 des Anhangs.

Ferner handelt es sich um Einzelfälle. Der ausnahmsweise frühere Betrieb von Müllsammelfahrzeugen wird vorliegend nicht generell, d.h. ohne weitere Voraussetzungen, zugelassen. Vielmehr ist die Zulässigkeit beschränkt auf solche Tage, an denen voraussichtlich mindestens achtundzwanzig Grad Celsius erreicht werden. Dies wird zudem konkretisiert durch die Verbindlichkeit der aktuellen Wettervorhersage, um eine möglichst genaue und korrekte Prognose nutzen zu können. Im Übrigen ist zu erwarten, dass derartige Werte lediglich in den Monaten Juni bis August auftreten, sodass die weit überwiegende Zeit eines jeden Kalenderjahres von der Zulassung nicht betroffen ist.

Ohne Zulassung einer Ausnahme besteht eine Gefahr für die Allgemeinheit. Eine Gefahr ist gemäß § 2 Nr. 1 des Niedersächsischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes (NPOG ) eine Sachlage, bei der im einzelnen Fall die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass in absehbarer Zeit ein Schaden für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung eintreten wird.

An besonders warmen Tagen besteht durch sommertypische Widrigkeiten in den Mittags- und Nachmittagsstunden wie direkte Sonneneinstrahlung sowie Hitzebelastung ein Gesundheitsrisiko für das Personal der Müllabfuhr. Hierdurch kann es zum vorübergehenden Ausfall von Personal kommen und in der Folge zum Ausfall von ganzen Touren der Müllabfuhr, sodass mehrere Ortschaften nicht angefahren werden können.

Die Müllabfuhr ist ein wesentlicher Bestandteil der kommunalen Daseinsvorsorge und sorgt unmittelbar für den geordneten Abtransport von Abfällen, um damit verbundenen Risiken wie Schädlingsbefall sowie Verbreitung und Übertragung von Krankheitserregern zu begegnen. Durch den Ausfall von Touren wird dieses Risiko begünstigt.

Die Zulassung der Ausnahme ist zur Abwendung einer Gefahr für die Allgemeinheit erforderlich, da sie dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entspricht. Dem aus Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG ) resultierenden Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung folgend unterliegen Ermessensentscheidungen dem Verhältnismäßigkeitsprinzip der Geeignetheit, Erforderlichkeit sowie Angemessenheit und müssen mit dem Zweck der betroffenen Rechtsgrundlage vereinbar sein.

Der Zweck der Rechtsgrundlage wird gewahrt. Der Zweck des § 7 Abs. 2 S. 4 32. BImSchV ist es, eine sehr große Personenzahl durch ausnahmsweise Regelung vor den Folgen zu schützen, die gerade durch das vorgesehene Betriebsverbot von Geräten und Maschinen gefährlich werden können. Die oben beschriebenen Folgen der sommerlichen Hitze machen die Zulassung der Ausnahme unabdingbar, um die ebenfalls oben beschriebenen Zustände gar nicht erst eintreten zu lassen.

Die Zulassung der Ausnahme ist geeignet. Eine Maßnahme ist geeignet, wenn Sie den erstrebten Zweck zumindest fördert. Die Durchführung der Müllabfuhr in den besonders warmen Nachmittagsstunden kann durch einen früheren Beginn und dadurch ein früheres Ende umgangen werden. Der frühere Beginn ist nur aufgrund der Ausnahme möglich.

Die Zulassung der Ausnahme ist auch erforderlich. Eine Maßnahme ist gemäß § 4 Abs. 1 NPOG erforderlich, wenn Sie unter allen geeigneten Maßnahmen diejenige ist, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt.
Alternativ wäre es denkbar, dass der Abfallwirtschaftsbetrieb Landkreis Uelzen mehr Personal sowie mehr Fahrzeuge vorhält, um während der per Gesetz zulässigen Betriebszeiten die Müllabfuhr derart zu planen, dass in den Nachmittagsstunden keine Abfuhr zu erfolgen braucht. Das würde jedoch bedeuten, dass erhebliche Zusatzkosten entstehen würden, da Müllsammelfahrzeuge und das zugehörige Personal in der Summe große zusätzliche Kosten verursachen würden, die letztlich den Abfallgebührenzahlern zur Last fallen würden. Hinzu käme, dass dieser Aufwand für lediglich einige wenige heiße Tage im Jahr zu leisten wäre und demnach unzumutbar ist.

Eine weitere Alternative wäre das Ausweichen von heißen Tagen auf Samstage. Dies ist jedoch nicht praktikabel. Die logistische interne Personalplanung und Kommunikation wäre derart kurzfristig nicht leistbar. Zudem bestünde je nach Wochentag das Problem, dass Abfallbehälter, die z.B. am Montag zu leeren sind, aber aufgrund von Hitze erst am Samstag geleert werden, nahezu eine Woche lang voll und unbenutzbar auf den Privatgrundstücken verbleiben würden. Eine Verschiebung der gesamten Wochenplanung um jeweils einen Tag müsste kurzfristig alle Bürgerinnen und Bürger erreichen, damit die Behälter nicht tagelang z.B. an der Straße stehen und viele Beschwerden beim Abfallwirtschaftsbetrieb eingehen. In der Kürze der Zeit wäre dies ebenfalls nicht zu leisten.

Schließlich ist die Ausnahme angemessen. Eine Maßnahme ist gemäß § 4 Abs. 2 NPOG angemessen, wenn Sie nicht zu einem Nachteil führt, der zum erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht. Vorliegend steht das Interesse der Anlieger in den betroffenen Gebieten hinter dem Interesse der Allgemeinheit an der Durchführung der Müllabfuhr zurück.

Gemäß Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG hat jeder das Recht auf u.a. körperliche Unversehrtheit. Durch die bereits um 06.00 Uhr eintretenden Geräuschimmissionen ist es denkbar, dass im Einzelfall der Schlaf empfindlich gestört wird, wodurch es bei Einzelnen im Verlauf des jeweiligen Tages ggf. zu gesteigerter Müdigkeit kommen könnte.

Ebenfalls auf Grundlage des Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG umfasst das Recht auf körperliche Unversehrtheit die Vermeidung von Schädlingsbefall und Übertragung von Krankheitserregern, wozu es wie oben beschrieben kommen kann, wenn Müllabfuhr-Touren ausfallen.

Im Übrigen gilt die Ausnahme lediglich an heißen Tagen, sodass sie nur für die Sommermonate relevant sein dürfte. Die Müllabfuhr erfolgt einmal pro Woche. Eine häufige Belastung mit Geräuschimmissionen ab 06.00 Uhr ist demzufolge äußerst unwahrscheinlich. An Sonn- und Feiertagen sowie nur vereinzelt an Samstagen, etwa bedingt durch Verschiebungen aufgrund von Feiertagen, findet keine Müllabfuhr statt, sodass der ungestörte Schlaf an diesen typischerweise freien Tagen insoweit gewährleistet ist. An Werktagen ist zudem damit zu rechnen, dass viele Bürgerinnen und Bürger aufgrund von Erwerbstätigkeit, Schule oder Ausbildung gegen 06.00 Uhr aufstehen.

Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift beim Landkreis Uelzen, Veerßer Str. 53, 29525 Uelzen einzulegen.

Der Landrat
Gez. Dr. Blume

Uelzen, 02.10.2020